Die Ambivalenz namens Fallout 4
Was haben die Fans der Fallout-Serie gewartet, über endlose Jahre hinweg, bin nun Bethesda endlih Fallout 4 herausbrachte… doch es dauerte nicht lang, da musste der Entwickler ein starkes Murren hören… zu Recht?
Als Fallout 3 herauskam, 7 Jahre ist das mittlerweile her, fesselte es die Spieler, obwohl viele technische und technologische Probleme existierten… und wirklich stabil läuft es bis heute nicht. Als Fallout 3.1 herauskam, aka „New Vegas“, fesselte es die Spieler, obwohl es diegleichen Probleme gab. Jetzt, wo Fallout 4 herauskommt, feselt es die Spieler wieder… so gesehen hat Bethesda also eigentlich alles richtig gemacht, oder?
Nun ja, eine differenzierte Betrachtung ist durchaus lohnenswert, auch weil einige Enttäuschungen nachvollziehbar sind und – leider, leider, leider – sich Bethesda gewissen negativen Entwicklungen nicht verschließen konnte.
Ja, „Eye-Candy“ ist Fallout 4 wirklich nicht, die unscharfen Texturen, die oftmals richtig miesen Animationen, die aussagelosen Gesichter, die fehlende Lippen-Synchronität und die teils skurrilen Beleuchtungsfehler („Oha, hell hier, aber warum? Ist doch nirgends eine Lichtquelle!?!?!?“) stören schon deutlich, v.a. weil man z.B. nah an Türen herangehen muss, um sie zu öffnen, die Dialoge nicht wirklich genießen kann (was auch an der qualitativ stark wechselnden Synchro liegt), das Sammeln von (ja leider hässlichen) Gegenständen ein Kernpunkt des Spiels ist und in den Ladescreens die 3D-Modelle einfach so viel besser aussehen und man sich daher fragen muss, warum der Unterschied zum realen Spiel dann so unschön groß sein muss. Egal ob Supermutant oder Scharfschützengewehr: Die Grundgrafik und die Gesicher sind nicht 2015- oder NextGen- oder auch nur wenigstens MassEffect-like. Das hat Bethesda verbockt!
Verbockt wurden auch – welche Wunder! – zwo Dinge mit „K“: die Kollisionsabfrage und die künstliche Intelligenz. Hier hat sich zu F3 oder F:NV nichts getan. NPCs und Objekte gehen oftmal eine sehr innige Beziehung ein, die Gegner sind blind und strutzdoof, ebenso die Begleiter, denen man leider nicht sagen kann: „Greif erst in den Kampf ein, wenn wir entdeckt wurden!“ oder aber ein „Bleib gefälligst genau hier stehen!“. Wo Schleichen und Stealthboy in F3 und F:NV noch richtig gut einzusetzen waren, wäre man bei F4 schnell auf der Verliererstraße, was aber nix macht, denn schon das „Verschwinden“ um eine Ecke setzt die „KI“ schachmatt. Wenn dazu dann die Gegner auch stets kommunizieren, dass sie was gehört haben, nicht aber den Leichenberg nebenan wahrnehmen, dann ist man… tjo, im Jahre 1996 gelandet, bei Duke Nukem 3D. Im Zusammenspiel mit der gewohnt „flexiblen“ Physik-Engine ergeben sich viele Glitches und Momente zum Schmunzeln, was der Immersion aber natürlich nicht zuträglich ist.
Gerade das Ins-Spiel-Eintauchen ist aber eigentlich eine Stärke bei Fallout… und auch eine von F4, hieraus zieht es seine Faszination… und das klappt auch oft richtig gut. Trotz der unzähligen liebevollen Details (Terminal-Einträge, Tagebücher, Zettel, Artwork etc.) kämpft man quasi immer mit den vielen kleinen Fehlern: Die Dialoge wirken hölzern, zwei mal in Folge musste ich für die Stählerne Bruderschaft in die Corvega-Anlage, das Gegner-Spawn-System ist genau so nervig wie einst bei Far Cry 2, größere Gefechte sind chaotisch, einige Gegner halten unverhältnismäßig viel aus, man bekommt „unique items“ mehrfach und natürlich auch die, die man nicht braucht etc. pp. Und dann gibt es ja noch die Siedlungen… herrjee, bereits vier mal für die Ghul-Siedlung „Der Slog“ ein „Wildes-Ghul-Problem“ gelöst, drei mal in der Stahl-Fabrik das „Raider-Problem“ gelöst, erst nach dem Bau von 6 MG-Geschützen und dem Abstallen von Dogmeat und Cait wird Nordhagen Beach nicht mehr angegriffen… und immer und immer und immer wieder tischt Preston Garvey die gleichen Aufträge auf… genau wie die „Säuberungsaktionen“ und „Beschützermissionen“ der Bruderschaft… repetetiv hoch 3! Und als Körnung gilt es dann noch Orte zu säubern, weil diese sich prima als Siendlungsort eignen… u.a. ein komplett zerstörtes Haus an einer Grube, wo es nix gibt, außer umgestürzte Bäume und Ghule… jo, ist klar…
Bethesda hatte wahrlich genug Zeit, die Wünsche der Nutzerschaft zu erhören und die Fehler aus F3 sowie F:NV zu vermeiden, doch statt mehr Rollenspiel und mehr Abwechslung, rückte der Fokus auf Ballern, Ballern, Ballern und Schrottsammeln… und dann das Händler-Hopping. Die haben immer noch nur zu kleine Kronkorkenmengen zur Hand, es gibt auch kaum noch welche, die Karawanen sind eine Seltenheit und man kann zwar die Siedlungen frühzeit top ausstatten, aber erst mit 2-Level-Punkten dann einen kleinen Shop installieren.
Und ganz nebenbei darf auch gefragt werden, warum Hunde und Blähfliegen überhaupt an einer Power-Rüstung Schaden machen können, wie ein Ghul „neurotisch“ sein kann und ein paar Raider mit Impro-Kniften einen Vertibird vom Himmel holen können… Balanceprobleme ick för euch trapsen!
Trapsen hört man man auch die Konsolen-Optimierung, denn die Tastenbelegung ist misslungen. Auch nach zig Stunden Spielzeit drückt man TABm, obwohl man ESC zum Beenden einer Aktion drücken muss; man fragt sich, warum die Cursor-Tasten für das Durchschalten genutzt werden müssen und die ENTER-Taste zum Bestätigen und nicht „E“… eine Zumutung für DIE Klientel der Vorgängerteile, für die PC-Gamer.
Unterm Strich ist Bethesda ein gutes Spiel gelungen, mehr aber auch nicht. Mit fortschreitender Spielzeit stören die unzähligen Fehler und Probleme, man wünscht sich mehr Abwechslung und etwas mehr Inszenierung (ich will niemandem das Ende madig machen, aber das ist peinlich-simpel „inszeniert“). „Ein bisschem mehr Bioware“ könnte man sagen… und das ist wahrlich kein Lob für Bethesda.
JS für Orthy.de, C2015
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