Das Scotch-Duell: Part II

Diesmal Portweingenuss: Glenmorangie vs. Glendronach

Die Whiskynachreifung in Starkweinfässern hat eine durchaus lange Tradition und gerade in der aktuellen Zeit, wo die Destillen viel ausprobieren, ist die Auswahl an nachgereiften Whiskys sehr groß. Neben dem Klassiker, dem Sherryfass, ist auch das Portweinfass eine Geschmacksquelle erster Güte, Zeit also, sich mal zwei Whiskys zu widmen, die im Portweinfass nachreifen durften.

Glenmorangie ist ein großer Name in der Branche, der 12-jährige „Quinta Ruban“ aus der Cask-Finish-Reihe, zu der auch „Nectar D’Or“ (Sauternes-Fass) und „Lasanta“ (Oloroso-Sherryfass) gehört, steht in vielen Supermärkten, ist preislich mehr als fair gestaltet (etwa 35 Euro) und hat schon viele Freunde gewonnen. Der 15-jährige „Tawny Port“ von Glendronach hingegen ist eher Insidern bekannt, er ist klar teurer (knapp 50 Euro), immerhin 3 Jahre älter und, wie der Name schon verrät, bekam sein Finish in Tawny-Port-Fässern, was bedeutet, dass er gut gereift ist, schnell gealtert und gut durchoxidiert. Doch machen sich die 3 Jahre Altersunterschied bemerkbar und wo bekommt man mehr Port-Aroma ins Glas?

Kategorie 1: der Duft von Wein
Man muss Portwein nicht mögen und wenn dies so ist, sollte man eine Port-Nachreifung sicherlich meiden. Dem Genießer entgeht aber ein prächtiges Potpourri, nämliches eines aus Rosinen, Trockenfeigen und Pflaumen – alles noch „dunkler“ als aus dem Sherryfass, alles noch etwas fruchtiger. Beim Quinta Ruban macht sich blitzschnell die leichte Fruchtigkeit in der Nase breit, die Komposition wirkt frisch und saftig. Der Glendronach macht mit Sultaninen auf, ganz deutlich sogar, erst dann erschnüffelt man ein Pflaumenkompott und etwas Feige, stets aber begleitet von einer gewissen Würze, die dem Quinta Ruban fast komplett fehlt. Schon in der Nase macht der Glendronach klar, dass er älter, dass er reifer, dass er tiefgründiger ist.

Kategorie 2: der Duft dahinter
In beiden Fällen sind die Port-Noten ganz klar dominant, das darf man feststellen. Dies spricht für die Fassqualität: Third- oder gar Fourth-Fill-Fässer wurden sicher nicht verwendet. Dennoch bietet der Glendronach auch hier noch etwas mehr, nämlich eine stärkere und komplexere Würze, eine deutlichere Eichenfracht, die, wie sollte es anders sein, natürlich dem höheren Alter geschuldet ist. Das macht den Tawny Port eher zum intensiven Gewürzkuchen, während der Quinta Ruban eher der etwas leichtere Rosinen-Pflaumen-Kuchen ist, der aber, auch das sei verdeutlicht, keineswegs ein ultra-leichter Scotch ist. Beim Glendronach sind noch leicht nussige Noten zu erriechen, etwas Mandel auf jeden Fall, dazu noch ein Hauch Vanille.

Kategorie 3: der Geschmack
Glenmorangie besitzt die höchsten Brennblasen in Schottland, die Alkoholsäule steht ruhig im Brennblasenhals, die Alkohole können sauber getrennt werden, dies sorgt für einen „weichen“ Alkohol, zudem schneidet Glenmorangie viel „Low Cut“ (quasi den „unteren, unsauberen Alkohol“ heraus), es kommen wenig Phenole in den Scotch. Die Brennblasen von Glendronach sind fast schon kugelrund, aber am Hals stark eingeschnitten, zwar nicht ganz so stark wie z.B. bei Laphroaig, doch auch bei Glendronach werden die Alkohole sauber getrennt. Die Folge ist ein alles andere als aggressiver Alkohol, somit werden auch Scotch-Neulinge nicht überfordert. Man darf sogar soweit gehen zu sagen, dass der Glendronach Tawny Port sogar etwas weicher, etwas harmonischer als der Quinta Ruban ist, alkoholische Spitzen sind beim Glendronach nicht festzustellen, beim Quinta Ruban hingegen schon. Es ist diese alkoholisch-pfeffrige Schärfe, die bei 46 Volumenprozenten nur in den allerseltensten Fällen gänzlich ausbleibt (zumindest für nicht ganz unbedarfte Zungen), die dafür sorgt, dass der Scotch eine gewisse Aggressivität bekommt, beim Glendronach gibt es zwar auch eine leichte Schärfe, diese kommt aber auch der voluminösen Würze samt klarer Eichenfracht, die Ausgewogenheit dominiert diesen Scotch ganz klar. Die Schärfe hält beim Quinta Ruban aber zum Glück nicht lange an, nach wenigen Sekunden ist sie verflogen, Süße und Port macht sich dann im Munde breit, weich gleitet der Glenmorangie den Gaumen herunter. Der Glendronach hingegen gibt stetige Würze ab, bleibt wuchtig und voluminös.

Kategorie 4: der Abgang
Ist die Schärfe verflogen, hat man zweiten oder dritten Schluck vollendet, wird der Quinta Ruban mild und leicht, ist dabei süß, wärmt dabei aber trotzdem. Der Tawny Port zeigt seinen Charakter auch im Abgang, voll und stark wärmend, würzig und mit einer klaren Eichennote rinnt er die Kehle hinunter. Was sich in Nase und Gaumen schon angedeutet hat, zeigt sich also auch beim Abgang: Der Tawny Port ist stärker und komplexer. Bitter sind beide Port-Nachreifungen nicht, einen ganz leichte Zartbitterschokoladenhauch kann aber erschmeckt werden.

Zieleinlauf
Ja, es ist knappes Duell, denn beide Kandidaten sind süffig, auf jeden Fall eine Verkostung wert, durchaus auch für Einsteiger geeignet und, was ja auch nicht ganz unwichtig ist, bringen die Kombination aus Port und Scotch auf genussvolle Weise ins Glas und auf die Zunge. Trotzdem haben sie Charaktere, die sich eben doch etwas unterscheiden, so ist der Quinta Ruban dank seiner Fruchtigkeit für all jene die bessere Wahl, die einen etwas weniger würzigen, eher die Nase dominierenden Scotch präferieren. Der Glendronach hingegen ist dank seiner größeren Komplexität und Intensität eher für Fortgeschrittene und Genießer geeignet. Er geht als erster durchs Ziel, weil er noch etwas mehr bietet als der Quinta Ruban, zudem auch harmonischer gehalten ist. Eines darf man aber auch ganz klar sagen: Wer den Quinta Ruban mag, wird auch den Tawny Port mögen – und umgekehrt gilt dasselbe. Beim Glendronach kann man sogar noch ein paar Tropfen Wasser zugeben, er wird wann etwas leichter, bleibt aber wunderbar ausgewogen. Der Quinta Ruban hingegen wird nur „leicht entschärft“, man mildert etwas den Alkohol ab, das Port-Aroma wird dabei aber deutlich leichter.

Randnotizen
Wer noch keine Erfahrung mit Portwein hat, kann im gutsortierten Supermarkt mal eine Flasche Don Pablo Tawny Port (5 €) oder Royal Oporto Tawny (8€) finden – beide sind sehr süffig, bieten ein mildes, rundes, volles Port-Aroma ohne die gefürchtete melassenhafte Klebrigkeit und Trockenheit.
Preislich zwischen Glenmorangie und Glendronach liegen der Arran Port Cask (recht jung, eher süß-leicht, aber mit starker Alkoholnote) und der Glencaddam Portwood Finisch 12 yrs (eher fruchtig als süß, etwas Zitrus-Aroma, leichte Pfeffrigkeit). Aus der Schwesterbrennerei von Glendronach gibt es den Benriach Tawny Port 15 yrs,  dieser erinnert sehr stark an den Glendronach, ist aber etwas weniger voluminös, dafür einen Tick süßer. Wer die Kombination aus Port und Rauch probieren möchte, sollte ein Auge auf den Benriach Solstice 17 yrs werden (sehr intensiv, sehr voluminös, viele Röstaromen, mit über 60 € kein Schnäppchen) oder aber den Talisker Port Ruighe (jung, scharf (!), etwas weniger portlastig) verkosten.

 

JS für Orthy.de, C2014