Das Scotch-Duell: Part I
Heute: Rauchige Zehnjährige: Ardbeg vs. Laphroaig
Wer einen kernigen, sehr rauchigen Scotch möchte, kommt um Produkte der Brennereien auf der Insel Islay (ausgesprochen: „Aila“) kaum herum. Es gibt zwar auch im restlichen Schottland hier und da echte Rauchbomben (die gesamte Reihe der Ballechin und auch der Tomintoul Peaty Tang seien hier exemplarisch erwähnt), doch Islay ist das Synonym für Torf, Rauch und die Möglichkeit, eine gut gehende Party zu sprengen.
Zwei weltbekannte und teils geliebte, teils gehasste Scotches sind der Ardbeg TEN und der gleichaltrige Konkurrent von Laphroaig: Beide zeichnet ein starker Brennereicharakter aus, beide sind rein im American-Oak-Fass gereift, beide sind geradlinig und wirklich sehr, sehr rauchig. Doch welchen von beidem sollte man sich kaufen und welchen sollte man lieber nicht Unbedarften schenken?
Die Antwort hierauf ist ganz klar: Beide!
Scotch ist Geschmackssache, wie jedes andere Genussmittel auch, und beide Kandidaten sind ganz klar einen Kauf wert, doch eben nicht für jeden. Obwohl sich die Produktion der beiden Rauchbomben stark ähnelt, gibt es doch gewisse Unterschiede im Charakter festzustellen.
Kategorie 1: der Rauch
Schon am Korken riecht man ihn, kaum ist die Flasche offen, tritt er hervor, beim Einfüllen ins Glas erfüllt er langsam den Raum, beim Verriechen ist er dominant – wer noch nie einen rauchigen Whisky getrunken hat, wird erst einmal komplett überfordert sein. Dies gilt insbesondere beim Laphroaig, dessen medizinische Rauchnote („phenolisch“) so intensiv ist, dass man sich ohne Weiteres an Krankenhaus und Desinfektionsmittel erinnert fühlt. Das muss man nicht gut finden, wirklich nicht, es ist schon ein spezieller Duft, nicht unbedingt ein bezaubernder. Der Rauch des Ardbeg ist weniger aggressiv, er ist ruhiger, erinnert mehr an ein kaltes Lagerfeuer, ist weicher, harmonischer und trotzdem sehr intensiv, er wirkt einfach rundum angenehmer.
Kategorie 2: der Duft
Da beide über einen ganz dominanten Rauch verfügen, ist es schwierig, irgendetwas anderes zu riechen. Beim Ardbeg macht sich, nachdem sich die Nase an den Rauch gewöhnt hat, eine leichte Süße bemerkbar, dazu ein Hauch Vanille und etwas milde Eiche, vor allem aber florale Noten einer wilden Wiese nach dem Regen. Beim Laphroaig tritt eher die süßliche Würze hervor, auch hier ist dieser Kandidat eher kräftig und schwingt eher die Keule als das Florett. Die Würze ist voluminös, nicht ganz einfach einzuordnen, weil vergleichsweise komplex.
Kategorie 3: der Geschmack
Man erwartet beim Laphroaig das, was man gerochen hat, doch tritt der Rauch deutlich zurück und ist dieser Scotch erstaunlich mild auf der Zunge und im Gaumen. Dies ist der speziellen Brennblasenform geschuldet, bei Laphroaig ist diese nämlich direkt über der Blase sehr stark eingeschnürt, sodass sich eine ruhige Alkoholsäule bildet, in welcher die Alkohole sauber getrennt werden. Dies sorgt für einen seidig-glatten, fast schon öligen Alkohol. Die Würze ist dennoch enorm, das phenolische Element ebenso, den Werbespruch „the most richly flavoured of all scotch whiskys“ trägt der Laphroaig absolut zu recht. Dr Antritt auf der Zunge ist enorm, binnen Sekunden entfaltet sich das Volumen, ganz intensiv, mit einer dezenten Schärfe, die dann einer milden Süße weicht. Beim Ardbeg läuft der Geschmack etwas ruhiger ab, der sogenannte Brennereicharakter ein anderer, eher ist nämlich der Alkohol zu schmecken. Frühzeitiger und deutlicher als beim Laphroaig spürt man man die Spitzen des Alkohols. Der Ardbeg kann aber mit einer wunderbaren, intensiven Süße punkten, mehr als nur eine Beinote, sondern stark präsent ist sie, fast schon lieblich. Beim zweiten Schluck (immer empfehlenswert, da die Geschmacksnerven nun bereits „betäubt“ wurden) kommt die Süße des Ardbeg noch stärker zum Tragen, sogar ein bisschen Fass (Vanille und Eiche) kann man erschmecken. Gegen die Fracht des Laphroaig hat der Ardbeg trotzdem keine Chance, zu eindimensional ist er.
Neben dem Rauchcharakter ist die geschmackliche Ausprägung das Hauptunterscheidungsmerkmal der beiden Kandidaten, einen Sieger kann es nicht geben, beide überzeugen, beide kann man lieben oder eben auch ganz schnell wieder beiseite stellen, wobei der Ardbeg noch eher massentauglich ist, der Laphroaig durch seinen extremen Charakter aber mehr Freaks binden kann.
Kategorie 4: der Abgang
Beide Kandidaten sorgen für ein wohlige Wärme, beim Ardbeg begleitet von der Süße und dem Alkohol, beim Laphroaig ist es die Würze. Die Abgänge sind lang, nicht trocken, nicht bitter, wobei der Laphroaig etwas länger anhält. Während der Ardbeg-Alkohol schneller verfliegt, kann sich der Laphroaig im Abgang noch etwas süßer, etwas öliger präsentieren, an die Ardbeg-Süße kommt er aber nicht heran.
Zieleinlauf
Obwohl auf dem Papier beide Kandidaten quasi identische Voraussetzungen haben, obwohl sie beides geradlinige Rauchbomben sind, ergeben sich doch teils ganz deutliche Unterschiede. Für Einsteiger ist der Ardbeg die „bessere“ Wahl, weil er weniger aggressiv, dafür aber etwas süßer ist. Für Freunde des intensiven Geschmackserlebnisses ist der Laphroaig zu empfehlen, einen intensiveren Zehnjährigen gibt es wohl kaum auf der Welt.
In der Klasse der hochqualitativen, vergleichsweise eindimensionalen Rauchbomben sind beide Kandidaten Spitze, wobei der Ardbeg TEN aufgrund seines etwas harmonischeren Charakters für mich eher einem „den genieße ich jeden Tag“-Scotch entspricht, während der Laphroaig eher dem „nun muss echt mal was Starkes her“-Tagen die Abrundung verpasst. Beide Kandidaten bekommen 8 von 10 Punkten, man darf sich nämlich noch etwas mehr Fasscharakter bei beiden wünschen, das würde für eine gelungene Abrundung sorgen. Beide Brennereien wissen übrigens um diesen „Kritikpunkt“, Laphroaig hat daher den „Quarter Cask“ auf dem Markt (in kleinen Eichenfässern nachgereift, besseres Verhältnis zw. Volumen und Oberflächte, sorgt für eine stärkere Vanillenote), zudem noch neu den „Triple Wood“, der noch für kurze Zeit in einem Ex-Sherry-Fass lagern durfte, somit noch mehr Eichenwürze und natürlich den typischen Sherrygeschmack (wuchtig, dunkle Früchte, würzig – typisch für die europäische Eiche) aufnehmen kann. Bei Ardbeg gibt es den „Uigeadail“, der zu 10 Prozent aus in Sherry-Fässern nachgereiftem Ardbeg besteht, wodurch er etwas milder und fruchtiger wird.
Wenn Sie denken, Sie seien ein Rauch-Fan, dann probieren Sie beide Scotches mal im direkten Vergleich (den Laphroaig wie alle Laphroaigs immer zum Schluss!), Sie bekommen dann einen guten Eindruck, welche „Rauch-Richtung“ Ihnen eher zusagt.
Randnotizen
Ähnlich wie die beiden Rauchbomben, nur etwas milder, sind die Konkurrenten von Bowmore (mit dem „Tempest“) und Caol Ila (der normale 12-jährige sowie der „Moch“) – auf jeden Fall einen Schluck wert! Wer viel Rauch und viel Fass schmecken möchte, sollte zum 18-jährigen Laphroaig oder zum Lagavulin 16 yrs greifen. Soll qausi gar kein Fass zu schmecken sein, geht es also reinweg um den Brennereicharakter, denn seien die preiswerten Finlaggan (alle drei Versionen) und der Tomintoul Peaty Tang empfohlen.
JS für Orthy.de, C2013
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.