FC Bayern Vizünchen und nationale (Un)Logik
Ja, es war ein dramatisches Spiel. Ja, der FCB war besser und Chelsea hat den Sieg nicht „verdient“. Ja, drei mal nur erster Verlierer zu werden, ist bitter, auch und vor allem im Spitzensport. Aber was „die“ Medien, die „Fans“, die Spieler und die Logikblubberer in den letzten Tagen produziert haben, verdient eben eine Menge Schadenfreude („Spott“ und „Hohn“). Nach der blamablen Niederlage im Pokalfinale, nachdem aber der FCB als einziges deutsches Team auf europäischer Ebene weitgekommen ist, solle man sich zusammentun und für die Bayern sein. Kurz und knapp: geht’s noch dämlicher?
Das Endspiel der Champions League erreicht man nur selten, einen DFB-Pokal und eine nationale Meisterschaft gibt es zwar auch jedes Jahr, nur heißen dort die Gegner nicht Manchester City, Real Madrid oder FC Chelsea, sondern Eintracht Braunschweig, FC Ingolstadt 04 und VFL Bochum. Es gehört stets eine Portion Glück dazu, um beim Kampf der Titanen die nächste Runde, gar das Finale zu erreichen. Die Tagesform entscheidet, Fehler werden brutal bestaft. Man könnte fast meinen, ein ganzes Buch wäre mit Fußballfloskeln zu füllen, und das stimmt wohl auch, denn Fußball ist kein Land der Logik, kann „unfair“ sein. So wie auch gestern, als der FC Chealsea über quasi die gesamte Spielzeit (inkl. Verlängerung!) rundum enttäuschte, alles andere als den Eindruck einer starken, englischen Mannschaft der angeblich stärksten Liga Europas vermittelte. Gewonnen haben sie dennoch … sogar im Elfmeterschießen.
Der FC Bayern, der deutsche Krösus, die Erfolgmannschaft schlechthin, polarisiert natürlich, deshalb hat der FCB die meisten Anhängern und ebenso die meisten Gegner. In der Liga teils verhasst und von den meisten aber nur als Geldschleuder, Gute-Spieler-Aufkäufer und arrogante Truppe verschrien, hielt also die deutsche Fahne in der Champions League in den Wind und als Deutscher müsse man natürlich für die Bayern sein, vor allem da es ja gegen die Engländer geht – Fußballherz was willst du mehr?
Na ja, wie wäre es mit Logik? Warum sollte man einen Verein anfeuern, den man in der Liga die Pest wünscht? Warum sollte man einen Verein anfeuern, den man kein Stück mag, den man ob seiner Transfer- und Medienpolitik zum Teufel (in die 4. Liga) wünscht? Weil man Deutscher ist? Allen Ernstes wurde in Foren postuliert, als „deutscher Bürger wäre es die Pflicht, für den deutschen Verein zu sein“ – ja, Fußballfans sind nicht unbedingt für ihre geistigen Fähigkeiten bekannt, aber selbst ein Vakuum wäre ob dieser Hohlheit noch neidisch. Muss man „für Schumi sein“? Nicht für Hamilton oder Alonso? Muss man Boris Becker und Steffi Graf bejubelt haben und nicht Pete Sampras und Monica Seles? Sollte ein Schalker den BVB in der Champions League anfeuern? Warum?
Gern wird ein Grund vorgeschoben, der auf den zweiten Blick aber offenbart, dass es kein Grund, sondern eher ein Gegenargument ist: In der UEFA-Wertung zählt jeder Sieg in der Euro und der Champions League, damit die Bundesliga Starplätze ergattern kann. Je erfolgreicher die dt. Vereine, desto mehr können auf europäischer Ebene teilnehmen. Nun ja, Erfolg wird also doppelt belohnt (Geld + Startplätze), aber juckt das einen Fan des KSC? Einen von Dynamo Dresden? Einen von der Eintrach aus Frankfurt oder vom FC Augsburg? Nö, warum auch? Die Chance, dass diese Vereine in einen europäischen Wettbewerb, also ans große Geld kommt, ist nahe Null. Hier und da gibt’s mal einen Ausreißer, Mainz und Hannover letzte Saison, Mönchengladbach diese Saison, aber in 90 % aller Fälle sind allein die üblichen Verdächtigen jene, die auf Europatour gehen dürfen, um noch mehr Geld einzunehmen, noch mehr Spieler wegzukaufen. Dass Hannover auf europäischer Ebene positiv überrascht hat (Hut ab übrigens!), ist die absolute Ausnahme, normaler Weise ergeht es den Clubs dann wie Mainz (blamabel) dieses Jahr oder so wie Glasbach nächstes Jahr. Ja selbst der dt. Doppel-Meister, unbestritten der beste Verein Deutschlands, schied in der Vorrunde aus, auch weil der BVB nicht das Losglück hatte, im Gegensatz zum FCB.
Und da wären wir wieder beim Anfang: Glück und Pech, Geld und Unsinn – die Fußballwelt ist faszinierend … und lenkt doch nur ab, eben auch vom Denken.
JS für Orthy.de, C2012
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