Hello Stoneage!
Es gibt da ein Spiel, einen Shooter, welcher tatsächlich über 20 GB auf der Festplatte braucht und trotzdem Texturen anbietet, die nicht aus der heutigen Zeit stammen. Manche mögen nun sagen: „Texturen sind aber nicht alles, lieber IVI!“ und sie haben damit sogar Recht, doch werden gerade die Texturen so oft unterschätzt, dass man schon von einer schönen Grafik-Dialektik sprechen kann. Hochentwickelte Effekte hier, eine mangelhafte Basis dort – der Trend setzt sich abermals fort.
Vor vielen Jahren, als der Pfälzer vor der EU kuschte und den EURO einleitete, als Lafontaine noch bei der SPD war und Philipp Rösler seine Lehrer in der Schule mit seinem Lächeln bezirzte, gabe s Spiele, die quasi keine Texturen hatten – für die Computer der frühen 90er wären die aufgeklebten Bildchen einfach zu viel des Guten gewesen, und so flog man bei „Aces over Europe“ über grüne Fläche mit blauen Linien. Begriffe wie DirectX oder Anisotrophischer Filter waren Fremdworte, 16 MB war mit Glück (und Geld) vielleicht der RAM groß, Grafikkarten waren 1MB-Chips auf dem Mainboard und kamen von Cirrus Logic oder SPEA, nicht aber von AMD oder NVidia. Aus heutiger Sicht war es die Steinzeit, doch schon damals stellte man fest: „Hey, Texturen sorgen für Realismus, es schaut doch echt super aus, wenn die Oberfläche nicht einfarbig ist.“
Nun sind einige Jahre verstrichen, aktuelle Spiele liefern fantastische Licht-Effekte ab, wie generell richtig gut anzuschauende Special-Effects, doch ein Problem ist trotz 2GB-GraKas, Quad- und HexaCores und DX11 nicht gelöst, denn eigentlich plastische Oberfläche werden noch immer Matsch überzogen. Als der HD-Textures-Pack für Fallout 3 herauskam, zeigt sich, wie wichtig Texturen sind, und auch wenn ich es anfangs selbst kaum glauben konnte, so wurde das gesamte Spielgefühl, der Bezug zur Umgebung, auf ein neues, deutlich höheres Niveau gehievt – trotz des postapokalyptischen Szenarios mit all seiner „Hässlichkeit“. Erst mit HD-Texturen wurde Crysis2 zu dem, was es hätte von Anfang an werden sollen und als herauskam, dass ID-Software für RAGE sich ein Leckerli ersonnen hat, welches für eine tolle Quali UND hohe Frameraten sorgt, konnte man berechtiger Weise Hoffnung schöpfen. Konnte man? Nein, natürlich nicht, denn auch ID kann die Grenzen der Physik nicht sprengen und dafür sorgen, dass die hoffnungslos veralteten Konsolen plötzlich sowas wie einen angemessenen GraKa-Ram aufweisen, in welchen man auch wirklich so etwas wie gescheite Texturen jagen kann.
Nachdem ich das Treiber-Wirrwar für ATI-Karten überstanden hatte, dauerte es keine Minute, bis ich mir dachte: „Also irgendwas stimmt mit RAGE nicht“, denn alles, was jenseits einer gewissen Grenze lag, war so dermaßen matschig, dass ich mir sorgen machte, meine HD5770 müsse nun wirklich mal durch etwas Potenteres ersetzt werden – falsch gedacht! Tweaks und Updates sei dank, ließ sich RAGE auf ein spielbares Niveau einstellen, die Kernproblematik aber ließ sich nicht lösen. RAGE ist ein Dauer-Nachlader in Sachen Texturen und ID klebt über die Welt quasi eine Mega-Textur, welche verhindert, dass man stets die gleichen Texturen sieht, deswegen is RAGE auch so gigabytefressend, unterm Strich aber wird leider eben Masse statt Klasse geboten, ein Zugeständnis an die Konsolen. Ein Blick gen Himmel offenbahrt eine fixe Textur und ich dachte spontan an MechWarrior 2, wo der Himmel lebendig war, damals ein toller Effekt, wenn auch ein simpler (halb-transparente Wolken, die in Gegenrichtung verschoben wurden) und fragte mich, warum man anno 2011 noch einen solchen RAGE-Himmel anbieten kann. Ich wunderte mich bei der gescripteten Autofahrt über die Funktionslosigkeit der Instrumente und rätselte, wie die Skala des Tachos wohl bewertet werden müsste, wenn man „Schärfe“ als wichtig einstuft. Ich schaute in toll animierte Gesichter und auf saubere Schattenwürfe, doch schwiff mein Blick gen Schrank, es packte mich das Grauen, es kamen Erinnerungen an Terminator Future Shock auf – auch eine Form der Zeitreise.
Die Unzufriedenheit, welche RAGE zeitnah nach dem Release entgegenschwappte, ist schon heftig, an allen Fronten hagelte es Kritik, John Cramack mutierte zum Beschwerdemanager und twittert wohl mehr als je zuvor, Doom4 ist erstmal auf Eis gelegt, doch die Chance, RAGE doch noch aufzuwerten, ist vertan: angeblich 150 GB würde ein HD-Texture-Pack wiegen und nach internen Tests auch nicht wirklich etwas bringen – da fragt man sich doch, ob Herr Carmack nicht vielleicht eine Brille braucht oder aber einen Grafiker, der Carmack in Sachen PC beim Worte nimmt: „Even if it was a marginal business case, we would still do it because it’s the right thing to do…“
JS für Orthy.de, C2011
Ich musste schmunzeln, als ich hörte, dass für Doom4 noch einmal eine weitgehend neue Engine gebaut wird.
Grundsätzlich ist die Sache mit den Texturen so: Sie stammen nicht von den Entwicklern, sie werden von den Studios extern gekauft. Riesige Textursammlungen mit super aufgelösten Texturen, teilweise fotografiert, teilweise mühevolle Handarbeit. In jeder erdenktlichen Auflösung und versehen mit allen benötigten Layern muss an „Kreativarbeit“ wenig geleistet werden. Deshalb waren temoprär auch alle WW2-Shooter braun. Offensichtlich gabs nur einen Lieferanten für Texturpakete.
Die vermatschten Texturen müssen also eigentlich gar nicht sein. Doch ordentliche Texturauflösungen fressen natürlich Leistung ohne Ende. Ist blöd auf ner Konsole, vor allem wenn man an die vorhandenen Bandbreiten denkt. Also übertüncht man alles mit bunten Effekten. Das ist auch gut, wenn man sein Produkt dann auf den PC bringt (bei welchem die Verkaufszahlen übrigens nicht annähernd an die Konsolenversionen heran reichen).
Effekte und Partikel sind schnell per Parameter hinzugedichtet. Eventuell hat man sogar noch ein bisschen ein hochauflösenderes Texturpack parat. Aber viel „gemacht“ wird an Optimierungen da nicht mehr, denn letztlich will man keine neuen Konfigurationsmenüs stricken (die man ja für die Konsolen nicht brauchte) um ein Spiel auf allen PCs gut anpassbar zu machen.
Der Tech5-Ansatz ist hier recht genial. Das Portieren übernimmt hier komplett die Engine. Rage sieht ohne große Eingriffe auf dem PC sofort besser aus, als auf der Konsole.Man kann also recht schnell portieren, ein paar kleine Anpassungen und gut. Das spart Zeit. Über Performance-Tests braucht man sich keine Gedanken zu machen – macht alles die Engine automatisch. Tolle Sache. Nur schade, wenn man als Texturen halt nur Matschige Konsolentexturen mitliefert und die Engine an sich aufgrund ihrer Bauart und Flexibilität selbst ein großer Ressourcenfresser ist.
Das mit dem Himmel ist ein Symptom auch dafür, dass die liebe zum Detail einfach fehlt. Sobald es in DirectX12 den Hardwareffekt sky(x).make(1).beauty(texturefile.raw,1) gibt, wird es auch wieder schöne himmel geben.
PCO