Quo Vadis Microsoft?

Vor ein paar Jahren war die Welt noch in Ordnung, also nicht die Welt an sich, die ist seit dem Aufkreuzen der Menscheit aus den Fugen geraten, aber wenigstens die Betriebssystemwelt war noch OK, Microsoft war ein Gigant, Bill Gates der schrullige reiche Mann, die Tuyer ärgerten sich grün über MS und Windows XP lief endlich stabil, SP1 sei dank. Die Zeit, diese launische Diva, jedoch hält immer wieder Überraschungen parat.

 

 

Erinnern Sie sich noch an den Streit rund um den IE? An die Gerichtsverhandlungen, an die Kartellangelegenheiten oder an das Ergebnis? Wie viel musste MS gleich nochmal zahlen? Schnee von gestern!

Erinnern Sie sich noch an „Phoenix“, den schlanken, flinken Voränger vom Firefox? An die Zeit, als FLASH noch nicht Adobe gehörte? Als es noch „such mal im Netz“ hieß und nicht „google mal danach“? Als Symbolleisten noch Symbole aufwiesen, die Schnellstartleiste unverzichtbar war und eine Anwendung noch nicht „App“ hieß? Schnee von gestern!

MS hatte mit VISTA ein OS herausgebracht, was man sich locker hätte schenken können, DirectX 10 war eine Todgeburt, DX 11 ist immer noch wirklich weit verbreitet (klar, die steinalten Konsolen halten eben die Entwicklung auf), der  hoffnungslos überladene, bunte, unkomfortable  Auftritt von Office 2007 (oder war es schon die 2003er Version? Lang ist’s her!) sorgte für Kopfschütteln weltweit, aber das MediaCenter ließ Herzer höher schlagen, Windows Mobile war ein ernstzunehmendes OS und Win XP … tja, XP lief und lief und lief. Alles Schnee von gestern.

Heute ist MediaCenter eine Randerscheinung, vor allem ist heute aber Windows 7 und trotz aller eingebauter Idiotien ist Win7 beliebt, ist auf ganzer Linie ein Erfolg. Doch irgendjemand bei MS kam auf eine dumme Idee: Es soll alles noch bunter, peppiger und spaßiger werden – für die Generation DSDS eben, für die Facebooker und Twitterer, für die WoW’ler und CoD’ler. Und ein Gerät ohne Touchscreen ist sowie nix mehr wert, das will eh keiner mehr haben, daher konzentrieren wir uns mal genau darauf, egal ob PC, Tablet, Smartphone, Mediaplayer,  Mikrowelle oder Staubsauger – es ist „in“! „Metro“ sagt man in Paris zur U-Bahn, in der Modelwelt zu einem Mann, der sich nicht scheut, seine „feminine Seite“ zu zeigen, und bei MS ist es die neue Oberfläche bei Win8. Was auf den ersten blick wie ein schlechter Scherz aussieht, ist aber bitterer Ernst und eine mögliche Gängelung des Privatnutzers. Da sorgt die Meldung, der IE9 würde ohne FLASH und Silverlight daherkommen, kaum noch für Jubel in den Reihen der Explorianer, denn dieses Grüppchen ist sowieso nur ein kleines, v.a. eines, welches meist auf Dazugezwungenen besteht – in der öfftl. Verwaltung, in großen Firmen ist der IE zu Hause, während zu Hause Firefox und CHROME regieren. OK, ein paar Unverbesserliche und Nostalgiker setzen noch auf Opera und Safari, aber solange sie damit glücklich sind, ist es in Ordnung.

BING, Microsofts „Alternative“ zu Google, sorgt für Milliardenverluste, obwohl der Projektleiter vollkommen Recht hat, wenn er sagt: „Unsere Herausforderung ist es, dass niemand morgens aufwacht und sich eine tatsächlich bessere Suchmaschine wünscht.“ Es gibt viele solcher Fälle, in denen etwas eigentlich gut gemeint ist, sogar nach den Regeln der Logik nachvollziehbar und unterstützenswert. So ist es durchaus „gut“, die teils saudämliche Win7-Oberfläche und deren Handhabung gescheit zu verbessern, es ist durchaus „gut“, eine Alternative zu Google zu haben oder auch die Bedienung einer Betriebssystemgeneration plattformübergreifend in einen gewissen Rahmen zu stecken, sodass der Nutzer sich schnell und leicht zurechtfinden kann, genau so ist es aber auch gut, nein eine Pflicht (!), auf die Wünsche der Nutzer einzugehen. Die Gruppe der eingefleischten WinXP-Fans wird bis zum Ende des Supports für XP (2014) an diesem OS festhalten, alles daran setzen, Win7 weiter und Win8 dann zeitnah auf den Stil von XP zu trimmen. Viele werden auch weiterhin die One-Click-Install verteufeln, MACkenOS belächeln und Google nur dann nutzen, wenn man keinen Ausweg mehr hat. Der Weg zum Einheitsbrei ist geebnet, es wird Zeit, ein paar Krater hineinzubringen!

 

JS für Orthy.de, C2011