Orthys Fotoguide Teil 2: Kauf der richtigen Technik

Im zweiten Teil wollen wir uns den Stand der Technik betrachten und für welche Zielgruppen eigentlich welche Kameras gedacht sind. Reicht eine Handykamera, wenn sie nur ausreichend Megapixel hat. Verliert ein DSLR-Bolide mit 10 Megapixeln gegen eine 14 Megapixel-Kompaktkamera?

Wer diesen Artikel bereits aus dem „alten Design“ kennt, muss ihn nicht lesen. Er wurde lediglich aus dem Altsystem umgezogen.

Handykamera, Kompaktkamera, Bridge-Kamera/Systemkamera, DSLR-Kamera – Welche denn nun?

Megapixel als Allheilmittel?

Mir wellt sich schon der Hals, wenn eine Kollegin mir zeigt, was für tolle Fotos sie doch mit ihrer 12 Megapixel-Kamera in ihrem Handy gemacht hat und stolz behauptet, sie bräuchte keine Kompaktkamera mehr im Urlaub. Gut, soll sie ihre Erinnerungen mit diesem „Ding“ festhalten. Ich bin da ganz gegenteiliger Meinung und ich kann sie untermauern.

Das Phänomen des „Push“

Der Begriff des „Push“ kommt nicht, wie vielfach behauptet aus der Physik (Signal-Push bspw. bei Signalverstärkern) sondern aus der Fototechnik, in welcher ein Bild absichtlich in der Dunkelkammer etwas überbelichtet wird, um aus dunklen Szenen etwas mehr Details herauszuholen.

Wenn der CMOS-Sensor mit dem gebotenen Licht nicht mehr klar kommt, dann wird auch hier „gepushed“. Ein Sensor liefert ein Signal. Je stärker dieses desto „mehr Licht“ fiel auf den Sensor. Je kleiner dabei meine Messskala, desto mehr Einfluss nimmt dieses Signal. Ist es veritable Bildinformation, wird dies dem Bild zuträglich sein. Ist es ein Rauschen aufgrund von Dunkelströmen, wird es hierdurch stärker rauschen. Exakt das ist es, was man bei allen Kameras mit dem ISO-Level reguliert.

Bei Handykameras kann man das bspw. nur in den seltensten Fällen einstellen. Die Kompakten sind da schlauer und bei den DSLRs gehört es zum guten Ton.

Nachdem nun also das Bild „gepushed“ wurde, muss das Rauschen wieder weg. Es wird „herausgerechnet“. Einzig im Rohdatenformat (RAW) bei Profikameras wird dieses Herausrechnen „sein gelassen“. Je besser dieser Algorithmus, desto mehr „Rechenleistung“ erfordert er, je schlechter, desto verrauschter bleibt das Bild, oder es wird matt und detailarm (man spricht vom „Texturverlust). Was tun? Genau, nochmal mit einem Scharfzeichner drüberbügeln. Nach dieser Rosskur ist kein Bild mehr das, was es war. Es wirkt unnatürlich, „flach“ und statisch.

Unsitte Handykamera

Wie wir im Kapitel über „Sensoren“ gelernt haben, wird die hohe Megapixelzahl durch eine hohe Empfindlichkeit erkauft. Eine Handykamera kompensiert die geringe Lichtmenge, welche durch ihr Objektivlöchlein fällt, durch einen sehr empfindlichen Mini-Sensor (der Kompaktheit geschuldet), welcher im Grunde nur bei sehr guten Lichtverhältnissen so „unempfindlich“ ist, dass das Bild eben nicht rauscht. Es gibt auch keine Blende in den Handykameras. Man kann die Lichtmenge nicht regulieren. Auch ein echtes Autofokus-Objektiv fehlt oft. Die meisten Handykameras haben eine winzige Blendenöffnung, so dass ihre Schärfentiefe gegen unendlich geht. Dies bedeutet, der Schärfebereich liegt auf der gesamten Sensorfläche. Das Bild wird in allen Bereichen etwa gleich scharf, beinahe egal wie nah oder fern ein Objekt ist. Die Belichtung wird schlicht über die Sensorempfindlichkeit geregelt. Wenn diese nicht mehr ausreicht, wird das Bild einfach durch die Kamerasoftware nachbearbeitet und Kontrast und Helligkeit „gepushed“, um die richtige Belichtung zu bekommen.

Letztlich wird im Nachgang mittels Rauschunterdrückung und Scharfzeichnung eine gewisse Rauschfreiheit und subjektive Schärfe erzeugt, welche aber bei genauerem Hinsehen in bereits erwähnter unübertrefflicher Detailarmut endet.

In den letzten Jahren war hier viel Bewegung drin. So gibt es „Fotohandys“, welche ein Objektiv besitzen, das etwas mehr „kann“, aber unterm Strich kann jede 80-Euro Kompaktkamera mehr, als die meisten 400-Euro-Handys. Für den schnellen Schnappschuss, sicher gut geeignet, doch echte Erinnerungen damit zu bannen ist ein Sünde.

Kompaktkamera – immer mehr fürs Geld

Die Kompaktkameras lernen fast täglich und rücken den Semiprofessionellen Kameras dicht auf die Pelle. Wie der Name schon sagt, geht es hier um „Kompaktheit“, weshalb auch keine großen Objektive und Linsen zu erwarten sind. Entsprechend tut es hier auch meistens bspw. ein 1/3,2″ Sensor. Kompaktkameras lassen sich aber alle den Platz für ein mehr oder minder gutes Objektiv. Je nach Preis und Ausstattung wird so mit der Kompakten einiges möglich.

Bei einfachen Modellen regelt die Kamera alles. Man hat Programme für Panoramaaufnahmen (kleine Blende, längere Belichtung), ein Makroprogramm (mittlere bis große Blende, zum „Freistellen“) und ein Sportprogramm (große Blende, kurze Belichtungszeit, Lichtmengenanpassung stärker auch durch ISO-Level). Im „Automodus“ versucht die Kamera den besten Kompromiss zwischen Schärfe und Belichtungszeit zu finden, zugunsten einer korrekten Belichtung.

Kompaktkameras sind anwenderfreundliche kleine Knipsgeräte, womit selbst Oma ein Bild gelingt, welches korrekt belichtet ist. Nicht nachdenken – abdrücken!
Erkauft wird dies durch geringer Einstellmöglichkeiten sowie gewisse Einschränkungen der Bildqualität, durch kleinere Bauteile (Objektiv und Sensor).

Gerade in Extremsituationen geben diese Kameras aber dann auch auf. Gestalterische Möglichkeiten bieten sie wenige. Ich habe neulich mit entsetzen meine ersten Konzertaufnahmen die seienerzeit mit einer Panasonic Lumix Z1 entstanden sind gesehen. Es war weniger die geringe Megapixelzahl, als vielmehr das enorme Farbrauschen, was mich als DSLR-Benutzer sehr erschrocken hat.

Bridge-Kamera/Systemkameras – Das Best aus zwei Welten

Bridge-Kameras sind größer als Kompaktkameras und kleiner als SLRs. Sie haben meist ein mit SLR vergleichbares Objektiv und einen größeren Sensor als Kompakte (bspw. 1/1,6″). Sie sind also Zwitterwesen, ideal für Leute, die bessere Bilder machen wollen, aber keine SLR mit sich herumschleppen. Meist bieten die Bridge-Kamera hier dann auch schon ganz ambitionierte Motivprogramme und Programmiermöglichkeiten.

Sie bergen also den Vorteil bessere Bilder zu machen, als Kompaktkameras, nicht ganz auf dem Niveau einer SLR. Dafür sind sie kompakter und meist auch billiger als SLRs.

Da das Objektiv bei den meisten Bridges „fest montiert“ ist, ist es meistens sehr gut auf Sensor und Kamera abgestimmt. Die Objektive haben das Ziel der eierlegenden Wollmilchsau und sollen für Nah und Panorama geeignet sein. Das gelingt mal gut, mal schlecht.

Entsprechend gibt es noch Systemkameras, Kameras ohne Spiegel, aber mit wechselbarem Objektiv. Letztlich meist fast so groß wie SLRs (dank fehlendem Spiegel etwas kleiner), fast so teuer, platzieren sie sich noch zwischen dei Bridge-Kameras und die SLRs.

SLRs – Spiegelreflexkameras

Sie sind teuer. Los geht es bei 400 Euro für Kamera und Einsteiger-Objektiv. Dafür bekommt man schon zwei gute Kompaktkameras. Und wir sprechen hier von Einsteigermodellen! Wer etwas mehr will, durchbricht für Kamera samt Objektiv schnell die 1000 Euro-Schallmauer und im Highend ist man frühestens bei 3000 Euro angekommen.

Eigentlich sind SLRs Arbeitsgeräte, aber es gab schon immer „Verrückte“, die so eine Kamera auch privat wollen. Für 400 Euro bekommt man mittlerweile von jedem namhaften Hersteller eine Kamera samt Kitobjektiv nachgeworfen. Getreu dem Motto: „Geh und mach‘ Bilder!“

Einer Kompaktkamera ist jede SLR überlegen. Sie haben den größeren Sensor, das stärkere Objektiv und die größeren Freiheiten. Sie sind aber auch die schnelleren Bildermacher. Dank Phasenfokussierung stellen sie schneller und zuverlässiger scharf, auch die Bildzahl pro Sekunde ist oft deutlich höher, die Belichtungszeiten kürzer, dank großer Blendenöffnungen. Doch damit sind sie auch jene, bei welchen das bloße Lesen der Anleitung nicht ausreicht. Zwar sind SLRs in der Lage Bilder zu bannen, bei welchen alle anderen Kameras komplett aufgeschmissen gewesen wären, doch muss man sich ein bisschen in die Materie einarbeiten.

Über einen Spiegelmechanismus bekommt der Fotograf exakt das Bild auf den Sucher, welches dann auch in seiner Kamera landet.

Mein Motto ist immer: Mit einer sehr teuren Kamera und sehr gutem Objektiv ist es leichter ein sehr gutes Bild zu machen, als mit einer einfacheren Kamera und dem preiswerten „Kit“. Aber eben weil man sich bei den „preiswerten Komponenten“ mehr Gedanken machen muss, die sich dann aber wiederum in den einfacheren Menüs mit weniger Optionen, durch Einsteigerkameras leichter realisieren lassen, ist die Kombination Einsteiger-SLR plus einfaches Objektiv viel geeigneter.

Willst Du einem Anfänger das Fotografieren lehren, nimm ihm die Automatik weg, klau ihm den Autofokus und den Stabi und sag ihm: Du hast alle Zeit der Welt, mach mir ein schönes Foto von einer Blumenwiese! Nur so ist er gezwungen, sich mit allen technischen Faktoren zu beschäftigen und nur so kommt er am Ende auf den Trichter, wie Bildgestaltung und Technik zusammenspielen.