Orthys Fotoguide – Teil 1: Grundbegriffe

FotoguideWarum macht meine 8 Megapixel-Handykamera schlechtere Bilder als Deine 18 Megapixel Spiegelreflexkamera? Weil sie 10 Megapixel  weniger hat, oder weil sie eine Handykamera ist? Doch was macht eigentlich Handykameras schlecht, was ist an einer Kompaktkamera besser, und wozu eine DSLR?  Viele Fragen konnte ich mir selbst nicht beantworten. Ich wusste DASS es funktioniert, aber nicht wirklich WIE. Ich begab mich also auf die Reise durch die Optik und das Kameralatein.

So neigte ich am Anfang, Handykameras zu verteufeln, Kompakte zu belächeln und bei den Systemkameras am Kopf zu kratzen, wofür die wohl gut sein sollten. Auch fand ich diese Typen mit ihren übertriebenen „Touristenflakks“ doch irgendwie, naja, wie Touristen halt.

Mittlerweile schaue ich die Menschen, die sich eine DSLR kaufen um einfach nur rumzuknippsen etwas schief an und zolle Menschen Respekt, die sich auch mit ihrer Kompaktkamera Gedanken um die Bildgestaltung machen.
Ich habe also Bücher gelesen, natürlich im WWW gestöbert und „Experten“ gefragt. Sehr schnell wurde die Sache sehr kompliziert.
Experte: „Fotgrafieren ist nicht einfach Bilder machen!“
Ich: „Warum nicht?“
Expterte: „Es gibt viele Faktoren und viel zu beachten!“
Ich: „Ach?“
Experte: „Nur wenn Du weißt was Du tust und Dich genau an die Regeln der Fotografie hälst kommt da was gescheites bei raus!“
Ich: „Und wo liegt die Kreativität?“
Experte: „Bei der Wahl des Motivs zum Beispiel…“

Und so begann ich mich reinzufuchsen in Fotolehrgänge, Manuals und wurde ein großer Theoretiker. Aber meine Bilder, die waren immer noch Scheiße. Und das hat einen sehr guten Grund: Fotografieren ist wie Rad fahren, nur noch etwas schwerer sogar. Es erfordert Geduld und Übung. Man könnte meiner Meinung nach sagen: Gehe los und schieße Deine ersten 10.000 Fotos (kein Scherz!) und dann komme wieder, denn dann ist der Lehrgang beendet.

Doch auch nach 10.000 Fotos hast Du erstens keine Ahnung von der Technik, sondern nur durch Beobachtung, Versuch und Irrtum gelernt, zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass Du auch nach 10.000 Fotos genau weißt, wie Du welchen Effekt erreichst gering.

Ich wiederum habe etwas begriffen. Für den Hobbyfotografen reicht es vollends, einge Grundbegriffe zu kennen, einige einfache Regeln und einige technischen Kniffe. Für jedes weitere Problem ist er dann gewappnet und kann sich das Wissen aus dem Internet holen. Doch wenn er unbedarft dort „hineingeht“, sind Fotografenforen eine Löwengrube und man versteht gar nichts.

Ursprünglich sollte das mal ein sehr kurzer Bericht werden, der klar umreißt, was eine DSLR (Spiegelreflexkamera) so cool macht. Als ich in Word jedoch Seite 50 überschritt wurde mir klar, das wird ein bisschen mehr.

Es ist nun ein Report geworden, der natürlich besonders für den DSLR-Einsteiger geeignet ist (sein soll). Er soll dabei leicht verständlich bleiben und das spielerische Lernen ermöglichen. Auch der Kompakt- oder Systemkamerabesitzer soll nach diesem Bericht in der Lage sein, mehr aus seiner Kamera zu holen. Am Ende soll der geneigte Leser den Spaß am Fotografieren entdecken… Mal schaun ob ich das hin bekomme.

Leider kommen wir nicht umhin den weit weniger lustigen Teil der Grundbegriffe zu erörtern.

Der Einstieg

Grundlegende technische Begriffe

Das Kleinbildformat

Zur Geschichte möchte ich nicht zu jenen Holzkisten von vor 100 Jahren zurück (auch wenn das sicher ein interessantes Thema wäre), sondern eher den „techischen Werdegang“ beschreiben.
Das überhaupt wichtigste ist zu wissen, wo kommt dieses alles dominierende „Kleinbild“-Filmformat her? Jeder redet von Kleinbild-Äquivalenten und das bei großen teuren Kameras. Kleinbild klingt so, naja, klein halt!

Das KB-Format ist 24x36mm Filmgröße und stammt aus einer Zeit um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts, in welcher der „Automatische Filmtransport“ in den Kameras Einzug hielt. So groß war der „Belichtbare Teil“ eines Fotofilms. Dieses Format war so erfolgreich, dass man es bis heute in den Analogen Kameras findet. Wer jemals eine Filmpatrone in Händen hielt (ich hoffe doch jeder), hielt mit 95% Wahrscheinlichkeit einen Film im KB-Format in Händen. Der Streifen des Films ist übrigens 35mm hoch, weshalb das KB-Format auch gerne 35mm-Format genannt wird, oder auch 24/36-Format.

Der Einfluss des KB-Formates war sogar so groß, dass heutige Sensorgrößen daran gemessen werden und ein KB-Äquivalent, der Crop-Faktor, daran fest gemacht wird. Dazu später mehr.

Es gibt darüber hinaus noch Mittelformat und Großformat, welche jedoch in der „Heimfotografie“ keine Relevanz haben und im absoluten Profi-Segment zu finden sind.

Brennweiten und KB-Äquivalent

Die Brennweite wird gemeinhin in Millimetern angegeben und bezeichnet jene Distanz zwischen Linse (Betrachtungsebene) und Brennpunkt.
So weit zur Definition. Wir müssen uns einfach einmal merken, dass die Brennweite des menschlichen Auges „verallgemeinert“ in der Fototechnik bei etwa 44mm (Normalbrennweite im KB-Äquivalent 1,0) liegt.

Lichtempfindlichkeit: Die ISO-Empfindlichkeiten

Die Lichtempfindlichkeit drückt, wie man sich es schon denken kann aus, wie empfindlich ein Film auf Lichteinflüsse reagiert. Ist sie niedrig, muss man länger belichten um ein korrekt belichtetes Bild zu bekommen, ist sie hoch dann eben weniger lang. Somit eignen sich hohe Empfindlichkeiten auch besser für Szenen mit wenig Licht. Alles sehr logisch. Also wäre es doch ideal einfach den empfindlichsten Film zu kaufen.

Doch es gibt einen weiteren Zusammenhang, denn je höher die Empfindlichkeit, desto geringer die Bildschärfe oder besser, desto größer das Bildrauschen. Grund hierfür wiederum ist die Korngröße eines jeden Kristalls auf einem Fotofilm. Je empfindlicher man sich den Film wünscht, umso größer müssen die Kristalle sein. Das geht so weit, dass diese Kristalle dann als Rauschen im Bild sichtbar werden – das Bild wird unschärfer.

Praktischer- und ironischerweise haben elektronische Sensoren ganz ähnliches verhalten. Auch bei ihnen kommt es mit wachsender Lichtempfindlichkeit zu mehr Rauschen.

Es gab in der Geschichte viele Ansätze die Empfindlichkeit des Fotofims zu normieren. Letzlich haben sich die ISO-Level durchgesetzt, welche die DIN und ASA-Normen „verheiratete“ und so ein einheitliches Maß für die Lichtempfindlichkeit eines Films gaben. Jeder ISO-Schritt verdoppelt die Lichtempfindlichkeit ISO100 ist der „Lichtunempfindlichste“ Film, ISO200 schon doppelt so empindlich, ISO400, ISO800, ISO1600 usw.

Auch diese Größe hat sich bis heute in die Digitaltechnik „gehalten“ und auch wenn die Digitalkamera praktisch auf „Knopfdruck“ hierdurch die Empfindlichkeit des Sensors regelt (und nicht die Filmrolle tauscht 😉 ), so ist es doch vom Effekt her sehr ähnlich geblieben.

Vom Loch zum Objektiv

Damals haben einige solche Lochkameras aus einer Dose oder einem Karton gebaut. Ein Stück Butterbrotpapier diente als „Film“ oder Abbildungsfläche. Das Ergebnis ist ein gespiegeltes und auf dem Kopf stehendes Bild. Oben wird unten und links wird rechts. Das kennen wir sicher alle aus dem Physikunterricht.

Aber man hat ja in der Schule bereits Optik. Das oben beschriebene Verhalten trifft im weitesten Sinne auf alle konvexen Linsen zu (also jene, die noch wirklich wie eine Linse aussehen, wie man sie in Omas Suppe findet), doch mit einem entscheidenden Unterschied: Die Konvexlinse „verschiebt“ den Brennpunkt „hinter die Linse“ – Ihre Brennweite.

Mit einer Konvexlinse macht Oma nicht nur Suppe, sondern sie vergrößert auch ihre Kreuzworträtsel – mit einer Lupe.

Wenn sie es wirklich viel  größer will, dann vergrößert sie den Abstand zwischen Lupe und Auge.  Verschiebt man den Abstand zwischen Objekt und Lupe über die Brennweite hinaus, wird das Kreuzworträtsel unscharf. Grund ist der (Licht-)Brechungsfaktor/-winkel der Lupe. Vereinfacht könnte man sagen: Licht, welches jenseits der Brennweite einer Linse liegt, wird nicht mehr korrekt gebrochen und fällt damit in einem „falschen Winkel“ auf das Auge und erscheint somit unscharf. Wenn Oma also mit der Lupe näher ran und weiter weg vom Rätsel rückt so sucht sie den Fokuspunkt, jenen Punkt, an welchem das Bild perfekt scharf ist. Sie fokussiert. Nichts anderes machen Kameraobjektive auch.

Würde man also anstelle eines „Loches“ eine Linse an unserer Lochkamera anbringen, so würde man die Kamera deutlich verkleinern können und hätte dann sogar ein korrekt dargestelltes (wenn auch vergrößertes) Bild.

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